Das Vorhaben endete am 31.12.2012.
Das Vorhaben umfasste die Editionsprojekte »Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen«, »Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen« sowie »Thomas-Müntzer-Ausgabe: Kritische Gesamtausgabe«. Dieses Akademieprojekt wurde nach einer Laufzeit von 20 Jahren zum Jahresende 2012 erfolgreich abgeschlossen. Damit endet zunächst eine nahezu sechzigjährige Forschungsarbeit zur Reformations- sowie Reichs- und Landesgeschichte der Frühneuzeit an der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Es bleibt dringend zu wünschen, dass an diese wissenschaftliche Tradition in absehbarer Zeit an diesem Ort angeknüpft werden kann.
Die vorliegenden Editionen erschließen bedeutende Quellenbestände aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Zahlreiche – oft bisher ungedruckte – Dokumente aus etwa 50 Archiven in Deutschland sowie in Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Österreich, den Niederlanden, Polen, der Schweiz, Spanien, Tschechien und im Vatikan werden veröffentlicht. Damit werden Grundlagen für die weitere Erforschung der Reichs- und Landesgeschichte in einem entscheidenden Zeitraum der frühneuzeitlichen deutschen Geschichte bereitgestellt. Die Quellen belegen die bedeutende Rolle des mitteldeutschen Raumes im 16. Jahrhundert für die Entwicklungen im gesamten Reichsgebiet und in Europa.
Herzog Georg der Bärtige von Sachsen (1471–1539) nimmt als einer der wichtigsten Luthergegner unter den Fürsten eine bedeutende Position in der Reformationsgeschichte ein.
Herzog Moritz (1521–1553), seit 1547 erster albertinischer Kurfürst von Sachsen, war einer der bedeutendsten Reichsfürsten und Politiker im 16. Jahrhundert. Unter seiner Regierung wurde das albertinische Kurfürstentum Sachsen zur wichtigsten Macht in der Reichspolitik neben den Habsburgern. Er bahnte den Weg zum Augsburger Religionsfrieden von 1555, der Deutschland die immer noch längste Friedensperiode seiner Geschichte sicherte.
Thomas Müntzer (um 1490–1525) ist – besonders mit seiner vielschichtigen Rezeption und Nachwirkung über die Jahrhunderte – nach wie vor eine wichtige Person besonders für die reformationsgeschichtliche und sozialgeschichtliche Forschung.
siehe auch:
Christian Winter, „Sachsen als europäische Großmacht? Moritz von Sachsen als Führer der Opposition gegen Kaiser Karl V.”,
in Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Heft 4 (2010), Onlineversion: www.denkstroeme.de/heft-4/s_105-120_winter
Heiko Jadatz, „Sächsische Landesherrschaft contra Wittenberger Reformation. Die Kirchen- und Religionspolitik Herzog Georgs von Sachsen”,
in Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Heft 4 (2010), Onlineversion: www.denkstroeme.de/heft-4/s_121-132_jadatz
Christian Winter, „Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen. Dritter Band 1528–1534”,
in Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Heft 6 (2011), Onlineversion: www.denkstroeme.de/heft-6/s_235-238_winter
1. Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen
Bearbeiter: Dr. Heiko Jadatz, Dr. Christian Winter
Folgende Bände der Edition liegen vor:
- Band 1: 1517–1524, hrsg. von Felician Geß. Leipzig 1905. Nachdruck Leipzig 1985.
- Band 2: 1525–1527, hrsg. von Felician Geß. Leipzig; Berlin 1917. Nachdruck Leipzig 1985.
- Band 3: 1528–1534, hrsg. von Heiko Jadatz und Christian Winter. Köln, Weimar, Wien 2010.
- Band 4: 1535–1539, hrsg. von Heiko Jadatz und Christian Winter. Köln, Weimar, Wien 2012.
Geschichte des Vorhabens
Mit dem Ende 2012 abgeschlossenen vierten Band der »Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen« wird diese wichtige Editionsreihe zur Reichs- und Landesgeschichte in der Frühneuzeit abgeschlossen, deren erste beiden Bände – herausgegeben von Felician Geß – bereits 1905 und 1917 erschienen sind (Nachdruck 1985). Die Arbeiten wurden dann zwar durch Geß und Elisabeth Werl fortgeführt, doch kam zunächst keine weitere Veröffentlichung zustande.
Nachdem die Arbeit im Jahr 2002 durch Christian Winter und Heiko Jadatz wieder aufgenommen wurde, konnte 2010 der dritte Band (1528–1534) vorgelegt werden, der die Jahre 1528 bis 1534 umfasst. Der Band enthält 1106 Dokumente und ca. 800 weitere, nach sachlichen Gesichtspunkten zugeordnete Aktenstücke.
Der abschließende vierte Band, der die Jahre 1535 bis 1539 umfasst, enthält 939 Dokumente und ca. 500 weitere Aktenstücke. Beide Bände verfügen jeweils über eine wissenschaftliche Einleitung und ein umfangreiches Orts- und Personenregister.
Die edierten Stücke stammen aus Beständen folgender Archive und Bibliotheken:
Thüringisches Staatsarchiv Altenburg, Stadtarchiv Annaberg, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin, Archives Générales du Royaume Bruxelles, Stadtarchiv Chemnitz, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Abteilung Dessau, Anhaltische Landesbücherei Dessau, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbiliothek Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, Stadtarchiv Dresden, Forschungsbibliothek Gotha, Stadtarchiv Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, Niedersächsisches Staatsarchiv Hannover, Dänische Königliche Bibliothek Kopenhagen, Universiteitsbibliotheek Leiden, Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Stadtarchiv Leipzig, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Magdeburg, Hessisches Staatsarchiv Marburg, Stadtarchiv Mühlhausen, Biblioteca Ambrosiana Milano, Stadtarchiv Mittweida, Archivio di Stato di Napoli, Staatsarchiv Nürnberg, Landeshauptarchiv Schwerin, Archives et Bibliothèque de la ville de Strasbourg, Archivio Segreto Vaticano, Biblioteca Apostolica Vaticana, Biblioteca Nazionale Marciana Venezia, Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Österreichisches Staatsarchiv – Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt – Standort Wernigerode, Biblioteka Universytecka Wrocław, Staatsarchiv Würzburg, Stiftsarchiv Zeitz.
Gegenstand und Bedeutung
Herzog Georg von Sachsen (1471–1539) – genannt der Bärtige – gehört zu den bedeutendsten altgläubigen Fürsten der Reformationszeit. Als einer der prominentesten Luthergegner nimmt er eine zentrale Position in der Reformationsgeschichte ein. Der letzte altgläubige Herzog von Sachsen im 16. Jahrhundert war von der Notwendigkeit der Reform der bestehenden Kirche tief überzeugt und bemühte sich energisch darum. Er lehnte aber eine Reformation ohne Zustimmung des Papstes und damit die Reformation Martin Luthers entschieden ab. Sein Bemühen, die altgläubige Reformpolitik auch nach Beginn der Reformation fortzusetzen, scheiterte. Die geistlichen Würdenträger versagten sich in der Mehrheit diesen Reformversuchen, und die Reformwilligen orientierten sich fast durchweg an Luther.
Trotz dieses Scheiterns stellte Georgs Politik grundlegende Weichen für die weitere politische und kirchliche Entwicklung in den sächsischen Territorien und im Reich insgesamt. Der innerwettinische Konflikt der albertinischen Herzöge mit ihren ernestinischen Vettern sowie die Nähe zum Kaiser und zum Haus Habsburg prägten die weitere Politik der Albertiner im 16. Jahrhundert. Die engagierte Wirtschafts- und Finanzpolitik Herzog Georgs förderte den Wohlstand des Landes und legte einen Grundstein für den Aufstieg des albertinischen Sachsen zu einem politisch und ökonomisch gewichtigen Territorium des Reiches, das unter Georgs Neffen Moritz – der zeitweise bei Herzog Georg in Dresden erzogen wurde – zur Führungsmacht des Protestantismus in Deutschland werden konnte.
Die im vierten Band aufbereitete letzte Phase der Kirchenpolitik Herzog Georgs zwischen 1535 und seinem Tod am 17. April 1539 ist gekennzeichnet von einem erbitterten Kampf gegen jede reformatorische Äußerung im Reich und insbesondere im albertinischen Herzogtum. Demgegenüber treten die Reformimpulse weitgehend in den Hintergrund. Einzig durch die Visitation der Klöster versuchte Georg in seinen letzten Lebensjahren, Veränderungen durchzusetzen und damit das alte Kirchenwesen zu stabilisieren. Er scheiterte aber an der Reformunwilligkeit der Betroffenen einerseits und an der fortschreitenden Durchsetzung der Reformation nach Wittenberger Vorbild andererseits. Bis zuletzt forderte Georg vehement ein allgemeines Konzil, in dem er das alleinige Heilmittel zur Beilegung der kirchlichen Konflikte sah, das aber zu seinen Lebzeiten nicht zustande kam. Obwohl Georg unerschütterlich an der römischen Kirche und ihrer Lehre festhielt, zeigen sich schließlich doch erste Risse in seiner starren religionspolitischen Haltung, die zumindest eine ganz vorsichtige Auseinandersetzung mit Reformen der kirchlichen Dinge andeuten. Überlagert wird dies jedoch durch Bemühungen aus dem Umfeld des Herzogs, wo Landstände und Räte nach Möglichkeiten suchten, wie man der verbreiteten proreformatorischen Stimmung im Land entgegenkommen konnte, ohne die Reformation nach kursächsisch-hessischem Muster einführen zu müssen.
Der Band bietet auch wichtiges Material zur Einführung der Reformation im Wittum von Georgs Schwiegertochter Elisabeth von Rochlitz und im Landesteil seines Bruders Heinrich. Auf reichspolitischem Gebiet steht die Vorbereitung und Gründung des Nürnberger Bundes 1538 im Mittelpunkt. Innenpolitisch waren die letzten Regierungsjahre Herzog Georgs vor allem von den zunehmend verzweifelten Bemühungen um eine Nachfolge gekennzeichnet, die den konfessionellen Zustand im albertinischen Herzogtum sichern sollte. Nach dem Tod seines ältesten Sohnes Johann 1537 versuchte Georg zunächst, die Regierungsnachfolge durch den jüngeren Sohn Friedrich zu sichern. Doch machte dessen Tod im Februar 1539 auch diese letzte Hoffnung zunichte, so dass Herzog Georg die Erbfolge durch seinen inzwischen evangelischen Bruder Heinrich nicht mehr verhindern konnte.
2. Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen
Bearbeiter: Dr. Johannes Herrmann, Prof. Dr. Dr. Günther Wartenberg †, Dr. Christian Winter
Folgende Bände der Edition liegen vor:
- Band 1: Bis zum Ende des Jahres 1543, hrsg. von Erich Brandenburg. Leipzig 1900. Nachdruck Berlin 1982.
- Band 2: Bis zum Ende des Jahres 1546, hrsg. von Erich Brandenburg. Leipzig 1904. Nachdruck Berlin 1983.
- Band 3: 1. Januar 1547–25. Mai 1548, hrsg. von der Historischen Kommission der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Bearb. von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg. Berlin 1978.
- Band 4: 26. Mai 1548–8. Januar 1551, hrsg. von der Historischen Kommission der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Bearb. von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg. Berlin 1992.
- Band 5: 9. Januar 1551–1. Mai 1552, hrsg. von der Historischen Kommission bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Bearb. von Johannes Herrmann, Günther Wartenberg und Christian Winter. Berlin 1998.
- Band 6: 2. Mai 1552–11. Juli 1553 mit ergänzenden Dokumenten zum Tod des Kurfürsten, bearb. von Johannes Herrmann, Günther Wartenberg und Christian Winter. Berlin 2006.
Geschichte des Vorhabens
Die Edition der Moritz-Korrespondenz war eines der Gründungsprojekte der Sächsischen Kommission für Geschichte. Durch Erich Brandenburg konnten 1900 und 1904 die ersten beiden Bände veröffentlicht werden. Ein fast fertiges Manuskript für einen weiteren Band, erarbeitet durch Oswald Arthur Hecker, verbrannte 1945 bei der Bombardierung Dresdens. Ab 1956 wurde bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und ihrer Historischen Kommission unter Leitung von Hellmut Kretzschmar und Franz Lau ein Neuanfang gestartet. Auf Grund der sehr geringen personellen und materiellen Ausstattung konnte aber erst 1978 der von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg bearbeitete dritte Band im Druck erscheinen.
Zu einer Intensivierung der Arbeit führte nach 1990 die Begründung des Akademieunternehmens »Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte« und die Einwerbung von Drittmitteln der Fritz-Thyssen-Stiftung. Es erschienen die Bände 4, 5 und 6 der Korrespondenz, bearbeitet von Herrmann, Wartenberg und Christian Winter, mit denen die Edition im Jahr 2006 erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Um den großen Umfang der Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten bewältigen zu können, wurde der größte Teil des Materials in Form von Regesten – sachinhaltlichen Auszügen der Urkunden, Briefe und Akten mit nötigen kritischen Anmerkungen – ediert. Die wörtliche Wiedergabe ist auf wichtige Schreiben des Kurfürsten und entscheidende Dokumente, wie Verträge, begrenzt. Nach inhaltlichen Kriterien wurden zu den Hauptstücken weitere Regesten zugeordnet, so dass ein Band der Korrespondenz über 3000 Dokumente enthält, die alle im Original eingesehen wurden. Eine wissenschaftliche Einleitung sowie ein umfangreiches Personen- und Ortsregister erschließen die Quellenstücke. Die Register zu jedem Band können durch die Angabe von Lebensdaten und Funktionen der Personen selbst als Quelle für genealogische und biographische Forschung dienen.
Gegenstand und Bedeutung
Moritz von Sachsen (1521–1553) zählt ohne Frage zu den bedeutendsten wettinischen Herrschern sowohl im Hinblick auf die Geschichte Sachsens wie auch auf die des gesamten Reiches. Mit der von Moritz vorangetriebenen grundsätzlichen Erneuerung des Staatswesens begann für Sachsen der Weg in die frühmoderne Staatlichkeit. Der Herzog unterstützte die Reform der Universität Leipzig und begründete die fürstlichen Landesschulen in Meißen, Pforta und Grimma. Als Moritz nach dem Schmalkaldischen Krieg und der Gefangennahme Kurfürst Johann Friedrichs d. Ä. durch Kaiser Karl V. die Kurwürde sowie fast alle ernestinischen Gebiete östlich der Saale mit dem Kurkreis um Wittenberg erhalten hatte, begann er eine tiefgreifende Umgestaltung und Modernisierung des Landes. Er reformierte Verwaltung und Gerichtswesen, verbesserte Finanzverwaltung und Steuerwesen und förderte den Bergbau. Zugleich erlebte Sachsen eine kulturelle Blüte. Moritz holte italienische Künstler nach Dresden, begründete die Hofkapelle und ließ das Dresdner Schloss zu einem repräsentativen Renaissancebau umgestalten.
Durch seine Emanzipation vom Kaiser und den Versuch einer eigenständigen Außenpolitik, verbunden mit einer weitreichenden Bündnispolitik, gewann Moritz schließlich die führende Position unter den evangelischen Ständen. Durch seine Politik, die ihn zunächst auf die Seite des Kaisers gegen den Schmalkaldischen Bund, dann aber im Bündnis mit Frankreich an die Spitze der Opposition gegen Karl V. führte, ist Moritz zugleich eine der umstrittensten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte des 16. Jahrhunderts. Die edierten Quellen korrigieren einige von seinen historischen Gegnern herrührende und tradierte Fehlurteile.
Kurfürst Moritz suchte einerseits Sicherheit für sein Land und seine eigene Position, zugleich verfolgte er weitreichende reichspolitische Ziele – die Aufhebung des Interims von 1548, Sicherheit und Gleichberechtigung für die Anhänger der Augsburgischen Konfession, die Verhinderung einer »Universalmonarchie« des Kaisers und die Errichtung einer allgemeinen Friedensordnung im Reich und darüber hinaus. In dem zwischen Moritz, König Ferdinand und Vertretern der Reichsstände 1552 geschlossenen Passauer Vertrag wurde eine rechtliche Lösung der Religionsfrage vereinbart, die vom Grundsatz des Gewaltverzichts und der gegenseitigen Anerkennung der Religionsparteien ausging und auf einen immerwährenden Frieden zielte. Wurde dieser durch den Einspruch des Kaisers zunächst auch noch befristet, so bereitete der Passauer Vertrag doch den Weg zum Ausgleich zwischen den Konfessionen, wie er dann im Augsburger Religionsfrieden 1555 festgeschrieben wurde.
3. Thomas-Müntzer-Ausgabe: Kritische Gesamtausgabe
Geschichte und Bedeutung des Vorhabens
Die marxistische Müntzerdeutung und die sozialgeschichtliche Forschung haben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer internationalen und interdisziplinären Beschäftigung mit Thomas Müntzer geführt. Da sich bisherige Müntzer-Ausgaben als ungenügend erwiesen hatten, verständigten sich im Vorfeld des Müntzer-Jubiläums 1989 mehrere Forscher aus Ost- und Westdeutschland darauf, eine neue kritische Müntzer-Edition in Angriff zu nehmen. Das mit der Historischen Kommission der Sächsischen Akademie der Wissenschaften verbundene Projekt wurde 1992 in das Vorhaben „Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte" aufgenommen.
Die kritische Neuausgabe der Schriften und Briefe Thomas Müntzers (um 1490–1525) sowie der zeitgenössischen Quellen zu seinem Leben und Wirken fasst die Ergebnisse der umfangreichen Müntzerforschung der letzten Jahrzehnte zusammen. Sie soll als Basis für weitere Forschungen die Bausteine für ein historisch-kritisches Müntzerbild liefern, das frei ist sowohl von der Schmähung wie auch von der Verherrlichung Müntzers. Die Bearbeiter sind international ausgewiesene Müntzerforscher, die ihren Beitrag ehrenamtlich leisten.
Die Edition gliedert sich in drei Bände.
- Band 1: Thomas Müntzer: Schriften, Manuskripte und Notizen, hrsg. von Armin Kohnle und Eike Wolgast unter Mitarb. von Vasily Arslanov, Alexander Bartmuß und Christine Haustein. Leipzig 2017.
- Band 2: Thomas Müntzer: Briefwechsel, bearb. von Siegfried Bräuer und Manfred Kobuch. Leipzig 2010.
- Band 3: Quellen zu Thomas Müntzer, bearb. von Wieland Held (†) und Siegfried Hoyer. Leipzig 2004.
siehe auch: Armin Kohnle: Zum Abschluss der Thomas-Müntzer-Ausgabe, in Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Heft 18 (2017), Onlineversion: http://www.denkstroeme.de/heft-18/s_172-173_kohnle
Zeittafel
1485 |
Leipziger Teilung zwischen den beiden wettinischen Brüdern Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht, dadurch entstehen das ernestinische Kurfürstentum und das albertinische Herzogtum Sachsen |
1500 |
Herzog Georg übernimmt die Herrschaft im albertinischen Sachsen |
1517 |
Beginn der Reformation, 95 Thesen Luthers zur Ablassfrage |
1519 |
Kaiserwahl Karls V. |
1520/21 |
Thomas Müntzer Prediger in Zwickau |
1521 |
Reichstag zu Worms, Wormser Edikt gegen Luther und seine Anhänger |
1523/24 |
Müntzer in Allstedt, dann in Mühlhausen |
1525 |
Höhepunkt des Bauernkrieges, 15.5. Niederlage der Bauern bei Frankenhausen, 27.5. Hinrichtung Thomas Müntzers |
|
Tod Kurfürst Friedrichs des Weisen, Nachfolger wird sein Bruder Johann |
1529 |
Reichstag zu Speyer beschließt mehrheitlich Durchführung des Wormser Edikts, 19.4. Protestation der evangelischen Reichsstände dagegen |
1530 |
Reichstag zu Augsburg, 15.6. Verlesung und Übergabe der Confessio Augustana |
1531 |
Gründung des Schmalkaldischen Bundes |
1532 |
Tod Kurfürst Johanns des Beständigen, Nachfolger wird sein Sohn Johann Friedrich |
1533 |
Ausweisung evangelischer Bürger aus Leipzig durch Herzog Georg |
1539 |
Tod Herzog Georgs, Nachfolger wird sein Bruder Herzog Heinrich der Fromme, Einführung der Reformation im albertinischen Sachsen |
1541 |
Tod Herzog Heinrichs, Nachfolger wird sein ältester Sohn Moritz |
1544 |
Reichstag zu Speyer vereinbart Landfrieden bis zu einem Konzil |
1546 |
18.2. Tod Martin Luthers |
1546/47 |
Schmalkaldischer Krieg, 19.6. Regensburger Vertrag zwischen Karl V. und Moritz, 27.10. Moritz tritt auf Seiten des Kaisers in den Krieg ein |
1547 |
24.4. Schlacht bei Mühlberg, Sieg des Kaisers, Gefangennahme Kurfürst Johann Friedrichs, 19. 5. Wittenberger Kapitulation, Moritz erhält große Gebiete der Ernestiner, 4.6./24.2.1548: Übergabe der sächsischen Kurwürde an Moritz |
1547/48 |
Reichstag zu Augsburg |
1548 |
Interim |
1552 |
15.1. Vertrag von Chambord zwischen König Heinrich II. von Frankreich und den deutschen Bundesfürsten unter Führung Kurfürst Moritz', ab Mitte März Fürstenkrieg unter Führung von Moritz gegen den Kaiser, 2.8. Passauer Vertrag |
1553 |
9.7. Moritz besiegt bei Sievershausen Markgraf Albrecht Alcibiades, 11.7. Moritz stirbt an einer bei der Schlacht erlittenen Schussverletzung, Nachfolger wird sein Bruder August |
1555 |
25.9. Augsburger Religionsfrieden |
1555/56 |
Abdankung Karls V. |
Projektgruppe
- Armin Kohnle, Prof. Dr. phil. habil. [Projektleiter, OM, Philologisch-historische Klasse]
- Christian Winter, Dr. theol. [Arbeitsstellenleiter]