In einer viertägigen internationalen wissenschaftlichen Tagung geht die Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig dem Phänomen sächsischer Identitätsbildung auf den Grund. In Kooperation mit dem Institut für sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. wird im Oktober 2023 in Meißen erörtert, wie die sächsischen Kurfürsten ab 1423 in ganz Europa diplomatisches und politisches Gewicht gewannen. Parallel widmet sich auch eine Ausstellung auf der Albrechtsburg Meißen im Herbst 2023 diesem Thema.
Am 6. Januar 1423 erhält die moderne sächsische Identität eine Initialzündung. Mit der Übertragung der Kurwürde an Markgraf Friedrich IV. von Meißen begann vor 600 Jahren der altehrwürdige Name "Sachsen" auf wettinische Herrschaftsgebiete und deren Bevölkerung überzugehen. Mit welch geschickten Mitteln die Kurfürsten und Herzöge von Sachsen(-Meißen) eine prestigeträchtige Marke des Früh- und Hochmittelalters übernahmen und ausgestalteten, wann die wettinischen Fürstinnen und Fürsten auch von außen als Sachsen bezeichnet wurden und wann sich die in diesen Gebieten lebenden Menschen selbst als Sachsen verstanden, ist zum Teil noch ungeklärt. Die internationale Tagung wird sich diesen und weiteren Fragen widmen.
Die Albrechtsburg Meißen zeigt vom 21.10.2023 bis 20.10.2024 eine kulturhistorische Ausstellung, die in Kooperation entwickelt wurde: Königsmacher. 1423 – Ein Wettiner wird Sachse
An der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig wird die Tagung flankiert von einer Öffentlichen Vortragsreihe: Sachsen wird Sachsen. Nach einer ersten Vortragsserie im Frühjahr beginnt die zweite Vortragsserie am 23. Oktober mit einem Vortrag zum mittelalterlichen Silberbergbau als Wiege der Zukunft.
Weitere Informationen:
Kalenderblatt zum Jubiläum
Radiofeature von MDR Kultur: Weltgeschichte vor der Haustür
LVZ-Beitrag (Bezahlschranke)
Internationale Tagung
1423–2023. 600 Jahre Sachsen(-Meißen)
Winchester, Magdeburg, Braunschweig, Wittenberg, Lauenburg, Meißen. „Sächsische“ Fürstentümer, König- und Kaiserreiche und ihre Traditionen (10. bis 16 Jh.)
Veranstalter
Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig
Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V.
Wissenschaftliche Leitung
Prof. Dr. Wolfgang Huschner, Prof. Dr. Enno Bünz
huschner@saw-leipzig.de, buenz@uni-leipzig.de
Kontakt
Antonia Engelhardt
Tel.: +49 (0)341 697642-13
engelhardt@saw-leipzig.de
Anmeldung
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1423–2023. 600 Jahre Sachsen(-Meißen)
Am 6. Januar 1423 belehnte König Sigismund (1410/11–1437) den Markgrafen Friedrich IV. von Meißen (1382–1428) vorläufig und am 1. August 1425 verbindlich mit dem Herzogtum und Kurfürstentum Sachsen(-Wittenberg). Der Markgraf von Meißen, der bis dahin einer von vielen Fürsten im Heiligen Römischen Reich gewesen war, gelangte durch diese Belehnungen in den exklusiven Kreis der sieben Kurfürsten. Gemäß der Goldenen Bulle Karls IV. von 1356 trugen sie in Kooperation mit dem jeweiligen Herrscher die Hauptverantwortung für die Regierung des Heiligen Römischen Reiches und wählten nach Eintritt einer Thronvakanz einen neuen König und künftigen Kaiser. Die neuen Herzöge und Kurfürsten von Sachsen stellten sich bald in ausgewählte Traditionen „sächsisch“ geprägter früh- und hochmittelalterlicher Fürstentümer, König- und Kaiserreiche, die sie Sie für ihre eigene Repräsentation und Legitimation im Heiligen Römischen Reich und in Europa nutzten. Vor diesem Hintergrund bildet das Jahr 1423 den Ausgangspunkt für die allmähliche Übertragung des prestigeträchtigen Namens „Sachsen“ auf wettinische Landesherren, ihre Herrschaftsgebiete und die darin lebende Bevölkerung.
Anlässlich des 600. Jahrestages der ersten Belehnung des Markgrafen Friedrich von Meißen mit dem Herzog- und Kurfürstentum Sachsen wird die Sächsische Akademie der Wissenschaften in Kooperation mit dem Institut für sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. vom 25. bis zum 28. Oktober 2023 eine internationale Tagung in Meißen veranstalten. Sie wird sich in sieben Sektionen u.a. der jeweiligen zeitgenössischen Relevanz „sächsisch“ geprägter Fürstentümer, König- und Kaiserreiche im Früh- und Hochmittelalter sowie deren Nachwirkungen widmen. Diese standen den neuen sächsischen Kurfürsten ab 1423/25 als Traditions- und Repräsentationspotential zur Verfügung. Im Rahmen der Tagung sollen u.a. folgende Fragen beantwortet werden:
1. Welche zeitgenössischen Ausstrahlungen, Legitimations- und Repräsentationsformen und welche Nachwirkungen lassen sich bei „sächsisch“ geprägten Fürstentümern, König- und Kaiserreichen des Früh- und Hochmittelalters feststellen?
2. Welche Rolle spielten Markgrafen von Meißen in den früh- und hochmittelalterlichen König- und Kaiserreichen?
3. Welches diplomatische und politische Gewicht besaßen die neuen Kurfürsten von Sachsen(-Meißen) im Rahmen des Kurfürstenkollegiums sowie inner- und außerhalb des Heiligen Römischen Reiches (15./16. Jh.)?
4. Welche Legitimationsstrategien und Traditionsbildungen lassen sich bei den neuen sächsischen Herzögen und Kurfürsten aus Meißen erkennen?
5. Wie lange dauerte es, bis man die wettinischen Landesherren und ihre Herrschaftsbereiche von der Außenperspektive her als „Sachsen“ bezeichnete und sich die darin lebende Bevölkerung (aus der Binnenperspektive) als „Sachsen“ verstand?
PROGRAMM
MITTWOCH, 25. Oktober 2023
10.00 Uhr
Begrüßung
Hans Wiesmeth, Präsident der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig
Grußwort
Sebastian Gemkow, Staatsminister für Wissenschaft des Freistaates Sachsen
Einführung in die Tagung
Wolfgang Huschner, Vizepräsident der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig
Enno Bünz, Direktor des Instituts für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V.
Sektion 1: Königliches Sachsen auf der britischen Insel (10. Jh.)
Moderation: Nora Berend (Cambridge, UK)
11.00 Uhr
Repräsentationsformen, Traditionsbildung und Nachwirken der Könige von Wessex (9./10. Jh.)
Levi Roach (Exeter)
11.45 Uhr
Die Eheverbindung zwischen Editha aus dem insularen Westsachsen und Otto I. aus dem kontinentalen Ostsachsen (929–946). Forschungsbefunde und Interpretationen
Andreas Bihrer (Kiel)
12.30 Uhr Mittagspause
Sektion 2: Ottonisch-sächsisches König- und Kaiserreich auf dem Kontinent (919–1024)
Moderation: Nora Berend (Cambridge, UK)
14.00 Uhr
Das ottonische Imperium im euromediterranen Kommunikationsraum (962–1024). Außenperspektiven
Sebastian Kolditz (Heidelberg)
14.45 Uhr
Zwischen sächsischem Eigensinn und imperialem Anspruch: Zeitgenössische Vorstellungen von Raum und Herrschaft der Ottonen
Simon Groth (Bonn)
15.30 Uhr Kaffeepause
16.00 Uhr
Regionale Fürsten, Mitträger des Reiches, Thronaspiranten. Die Markgrafen von Meißen im ottonisch-sächsischen Imperium
Alexander Sembdner (Leipzig)
17.00 Uhr
Führung durch die Ausstellung „Königsmacher. 1423 – Ein Wettiner wird Sachse“ in der Albrechtsburg Meissen
(Referentinnen, Referenten, Moderatorinnen, Moderatoren)
DONNERSTAG, 26. Oktober 2023
Sektion 3: Sächsisch geprägte Fürsten- und Königsherrschaften im hohen Mittelalter (11.–13. Jh.)
Moderation: Vera von Falkenhausen (Rom)
9.00 Uhr
Die Markgrafen von Meißen und die sächsische Opposition im Salischen Imperium (1056–1125)
André Thieme (Königstein)
9.45 Uhr
Sachsen als Kernlandschaft der Kaiser- und Königsherrschaft Lothars III. (1125–1137)
Matthias Hardt (Leipzig)
10.30 Uhr Kaffeepause
11.00 Uhr
Das sächsische Herzogtum Heinrichs des Löwen und sein Ende (1142/54–1180)
Henning Steinführer (Braunschweig)
11.45 Uhr
Die Wettiner im politischen Koordinatensystem des 13. Jhs. Handlungsfelder – Beziehungen – Traditionen
Mathias Kälble (Dresden)
12.30 Uhr Mittagspause
Sektion 4: Herzogliches und kurfürstliches Sachsen im Spätmittelalter (13.–15. Jh.)
Moderation: Andrea Stieldorf (Bonn)
14.00 Uhr
Das 'askanische' Kurfürstentum Sachsen-Wittenberg (ca. 1350–1422). Traditionen – Strukturen – Nachwirkungen
Michael Hecht (Halle)
14.45 Uhr
Die Herzöge von Sachsen-Lauenburg und ihr Streit um die sächsische Kurwürde (1422–1671)
Oliver Auge (Kiel)
15.30 Uhr Kaffeepause
16.00 Uhr
Reichsrechtliche Implikationen der Belehnung 1423/1425. Kontinuität und Profilierung
Heiner Lück (Halle)
16.45 Uhr
Die Beziehungen der Wettiner zu regionalen Adelsgruppen sowie zu den Kurfürsten von Brandenburg und Böhmen vor und nach 1423
Peter Wiegand (Dresden)
19.00 Uhr
Abendvortrag in der Albrechtsburg
Sachsen-Meißen 1423. Vom Charme der Elite im Heiligen Römischen Reich
Bernd Schneidmüller (Heidelberg)
FREITAG, 27. Oktober 2023
Sektion 5: Die neuen Kurfürsten von Sachsen(-Meißen) im Heiligen Römischen Reich und in Europa (15./16. Jh.)
Moderation: Marie Bláhová (Prag)
9.00 Uhr
Die Kurfürsten von Sachsen(-Meißen) und die Königswahlen 1438, 1440, 1486
Enno Bünz (Dresden/Leipzig)
9.45 Uhr
Kurfürst Friedrich der Weise und die Königswahl 1519
Armin Kohnle (Leipzig)
10.30 Uhr Kaffeepause
11.00 Uhr
Die Beziehungen der Kurfürsten und Herzöge von Sachsen(-Meißen) zu Böhmen (15./16. Jh.)
Stephan Flemmig (Jena)
11.45 Uhr
Zwischen Königsberg, Krakau, Worms und Rochlitz. Friedrich von Sachsen(-Meißen), der vorletzte Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen (1498–1510), und seine Außenpolitik
Igor Kąkolewski (Warschau/Berlin)
12.30 Uhr Mittagspause
Sektion 6: Legitimations-, Repräsentations- und Traditionsstrategien der wettinischen Kurfürsten von Sachsen
Moderation: Christoph Volkmar (Magdeburg)
14.00 Uhr
Kaiserliche Tradition, kurfürstliche Gegenwart, kaiserliche Zukunft? Wettiner und Ottonen
Wolfgang Huschner (Leipzig)
14.45 Uhr
Die wettinischen Kurfürsten von Sachsen auf den Reichstagen im 15. und 16. Jh.
Joachim Schneider (Dresden)
15.30 Uhr Kaffeepause
16.00 Uhr
Meißen – Weimar – Wittenberg. Strukturen und Ausstrahlungen der kurfürstlich-wettinischen Höfe (1423–1525)
Uwe Schirmer (Jena)
16.45 Uhr
Die Höfe der sächsischen Fürstinnen
Jens Klingner (Dresden)
SAMSTAG, 28. Oktober 2023
Sektion 7: Außen- und Binnenperspektiven auf die neuen „Sachsen“ (15./16. Jh.)
Moderation: Julia Schmidt-Funke (Leipzig)
9.00 Uhr
Ernestiner und Albertiner 1485–1547: Landesteilung, Reformation und innerwettinische Rivalität. Die Begegnung mit der Realität einer Zeitenwende
Manfred Rudersdorf (Leipzig)
9.45 Uhr
Außenperspektiven auf die "neuen" Sachsen (15./16. Jh.)
Andreas Rutz (Dresden)
10.30 Uhr
Binnenperspektiven: Die Verwendung des Sachsen-Namens innerhalb der wettinischen Herrschaftsgebiete (15./16. Jh.)
Christian Winter (Leipzig)
11.15 Uhr Rückblick und Ausblick