Leider muss der für Donnerstag, 12. Dezember 2024, 17.15 Uhr geplante Vortrag „Gelehrter Antisemitismus“ der Historikerin Shulamit Volkov in der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig entfallen. Die Referentin mussten aus privaten Gründen kurzfristig absagen. Wir suchen aktuell nach einem Termin im Frühjahr 2025, an dem die Veranstaltung nachgeholt werden kann.
Der Vortrag von Prof. Dr. Shulamit Volkov (Universität Tel Aviv) ist Teil der Vortragsreihe "Antisemitismus der Gebildeten. Sozialgeschichtliche Fallstudien" des Leibniz-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur – Simon Dubnow (DI).
Über die Reihe: Universitäten und Wissenschaften galten im frühen 19. Jahrhundert als ein Symbol jüdischer Emanzipationshoffnungen, selbst zu Zeiten, als persönlicher Erfolg und Aufstieg im akademischen Milieu für jüdische Gelehrte keineswegs die Regel waren. Im Deutschen Reich kamen zu den "leisen" Hürden der Diskriminierung in Berufungen "laute" Ausgrenzungen und aggressive Anfeindungen hinzu, sowohl in Studentenverbindungen als auch durch Professoren.
Der Aufsatz "Unsere Aussichten" (1879) des Berliner Historikers Heinrich von Treitschke markiert diesen Umschlagpunkt von korporativen Vorbehalten und berufsständischer Distanz zu öffentlichen Schmähungen und einem neuen Antisemitismus. Der jüdische Historiker Arthur Rosenberg bezeichnete 1930 diesen neuen Diskurs, mit dem Juden kollektiv angegriffen und pauschalen Verdächtigungen ausgesetzt wurden, als "Universitätsantisemitismus". Mit seinem Buch "Hitler’s Professors. The Part of Scholarship in Germany’s Crimes against the Jewish People" (1946) zog der Sprachwissenschaftler Max Weinreich unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust eine düstere Bilanz dieser deutschen Entwicklung, in der sich Wissenschaftler aller Fachrichtungen und die Institution der Universität selbst in den Dienst der Nazis gestellt hatten.
Das Forschungskolloquium des Dubnow-Instituts geht im Wintersemester in sechs Vorträgen den Diagnosen Rosenbergs und Weinreichs nach und stellt die damit verbundene Frage nach dem Antisemitismus der Gebildeten. Im Zentrum steht dabei weniger die Ideologiegeschichte des Ressentiments; stattdessen werden sozialhistorische und institutionengeschichtliche Fallbeispiele aus Berlin und Prag diskutiert sowie die individuellen und institutionellen Reaktionen jüdischer Zeitgenossen, die die akademische Judenfeindschaft abzuwehren versuchten.
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